Zahlst Du mehr für Tinder Gold als Deine Freunde?
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Du einen anderen Preis für Tinder Gold als Deine Freunde bezahlst. Tinder nutzt nämlich personalisierte Preise.
Wie viele andere Dating-Apps auch, bietet Tinder verschiedene Mitgliedschaften an, die in Funktionsumfang und Vertragslaufzeit variieren. Wer also Zugriff auf weitere Funktionen haben möchte, der kann eine kostenpflichtige Mitgliedschaft für 1, 3, 6 oder 12 Monate abschließen.
Derzeit bietet Tinder folgende drei Mitgliedschaftstypen an: Tinder Plus, Tinder Gold und Tinder Platinum.
Das wissen die meisten Tinder-User schon. Was viele Nutzer der Dating-App jedoch nicht wissen, ist, dass Tinder personalisierte Preise einsetzt. Sprich: Mein Preis für Tinder Gold ist nicht unbedingt derselbe wie deiner.
Was sind personalisierte Preise?
„Anders als die bekannten dynamischen Preise, die auch von z.B. Tages- oder Jahreszeit oder besonderen Ereignissen abhängen können, richten sich personalisierte Preise nach der vermeintlichen Kaufkraft potenzieller Kunden. Diese werden unter Berücksichtigung verschiedener Parameter ermittelt […] Die individualisierten Preise zielen darauf ab, die Preisbereitschaft möglicher Käufer zu erkennen und maximal auszureizen.“
Quelle: Techbook
Beweismaterial
Dass Tinder-User unterschiedliche Preise für dieselben Leistungen bezahlen, würden wir natürlich nicht behaupten, hätten wir es vorher nicht untersucht.
Teils ist die personalisierte Preisgestaltung bei Tinder etwas, was mehrmals unter Usern auf Reddit diskutiert worden ist, teils ist sie Gegenstand vieler Untersuchungen gewesen, ebenso wie sie von mehr ausländischen Medien beschrieben worden ist.
Sämtliche der oben erwähnten Quellen sind aber englischsprachig. Ob deutsche Tinder-User wohl auch unterschiedliche Preise für gleiche Leistungen bezahlen?
Die Antwort ist Ja.
In Verbindung mit unserem Research für diesen Artikel haben wir unser Netzwerk gefragt, wieviel sie für Tinder Gold bezahlen (müssten). Hier ein paar der Antworten, die wir erhalten haben:
Die Person, die am wenigsten für 6 Monate Tinder Gold bezahlen muss, muss 12,49 € pro Monat zahlen (männlich, 43 Jahre), während der monatliche Preis derjenigen, die am meisten bezahlen musste, bei 13,66 € lag (weiblich, 31 Jahre). Die Unterschiede sind also nicht groß, aber dennoch ersichtlich.
Um den Tendenz zu bestätigen, haben wir Reddit konsultiert und weitere Beispiele erhalten, dass Usern unterschiedliche Preise angezeigt werden. Hier ein paar der Antworten:
Weiblich, 40 Jahre: 13,68 € pro Monat für 6 Monate Tinder Gold
Männlich, 34 Jahre: 4,42 € pro Monat für 6 Monate Tinder Gold
Männlich, 29 Jahre: 13,66 € pro Monat für 6 Monate Tinder Gold
Männlich, 29 Jahre: 12,49 € pro Monat für 6 Monate Tinder Gold
Wie werden personalisierte Preise ermittelt?
Es ist leider nicht so einfach, eine Antwort darauf zu geben, wie personalisierte Preise ermittelt werden bzw. welche Umstände genau Einwirkung auf den Preis haben. In der Regel werden personalisierte Preise unter Berücksichtigung personenbezogener Kriterien wie genutzten Endgeräts, Wohnorts, bisherigen Kaufverhaltens oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kunden- oder Zielgruppe ermittelt.
In einer neueren Studie von Mozilla wurde außerdem untersucht, inwiefern folgende Umstände Einwirkung auf den angezeigten Preis haben: Alter, Rasse, Geschlecht und sexuelle Orientierung.
Die Studie ergab keine signifikanten, statistischen Belege dafür, dass die Preisunterschiede mit Sicherheit auf einen oder mehr der oben erwähnten Umstände zurückzuführen waren, zeigte aber, dass Tinder Plus allgemein teurer für ältere Nutzer der Dating-App war.
Angedeutet wird auch, dass heterosexuellen Nutzern allgemein höhere Preise angezeigt werden als Nutzern, die der LGBTQ-Community angehören, ebenso wie Männer oft mehr als Frauen zahlen müssten.
Interessanterweise zahlen die weiblichen User in unserer Untersuchung mehr für 6 Monate Tinder Gold als die männlichen, was wiederum darauf hindeutet, dass Geschlecht keine so große Rolle (mehr) spielt.
Was sagt Tinder selbst?
Bei Datinleben.de haben wir über einen Zeitraum von zwei Jahren mehrmals versucht, mit Tinder ins Gespräch zu kommen, unter anderem wegen – seien wir ehrlich – einer kommerziellen Zusammenarbeit.
Im Vergleich zu Tinder sind wir aber nur ein kleines und für sie geringfügiges Unternehmen, weshalb wir es nie weiter als bis zum Kundenservice geschafft haben. Das, was dem ersten Level Super Mario 64 entspricht.
Unter anderem deshalb haben wir diesmal nicht versucht, mit Tinder Kontakt aufzunehmen.
Ein weiterer Grund ist, dass größere Medien die Tür bereits eingetreten und Tinder-Sprechern die Fragen vorgehalten haben, die wir denselben Sprechern vorhalten möchten.
Eins dieser Medien ist Buzzfeed News, das 2022 versucht hat, Tinder-Mitarbeitern Infos über die Preisgestaltung von Tinder zu entlocken.
In diesem Zusammenhang sagte ein Sprecher der Dating-App, dass Tinder nie sexuelle Orientierung, Geschlecht, Rasse, Religion oder andere, demographische Umstände in die Preissetzung miteinbeziehe. Die unterschiedlichen Preise seien lediglich ein Ergebnis zufälliger Tests.
2015 waren Premium-Funktionen für Ü28-jährige teurer als für jüngere Nutzer
Wie dem auch sei, in der Vergangenheit hat Tinder kein Hehl daraus gemacht, dass Alter eine Rolle für die Preissetzung spielte.
Die unterschiedliche Behandlung aufgrund von Alter hat Tinder jedoch Probleme gegeben, unter anderem in Form von Klageerhebungen bezüglich Altersdiskriminierung.
Diese Herausforderungen aufgrund der Offenheit gegenüber Altersdiskriminierung sind mit aller Wahrscheinlichkeit dafür verantwortlich, dass Tinder nicht mehr damit wirbt, dass die Premium-Funktionen für ältere Nutzer der App teurer sind als für jüngere und laut eigener Aussage plant, ihre „altersabhängigen Rabatte“ einzustellen.
Etwas deutet aber darauf hin, dass Alter weiterhin eine Rolle für die Preissetzung spielt.
Sind personalisierte Preise überhaupt erlaubt in Deutschland?
In Deutschland sind personalisierte Preise nicht verboten. Es steht Unternehmen grundsätzlich frei, wie sie ihre Preise gestalten.
Durch eine im Rahmen der Gesetzgebungsinitiative „New Deal for Consumers“ erlassene Richtlinie „zur Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften (RL (EU) 2019/216)“ sollen Unternehmen aber künftig verpflichtet werden, Verbrauchern offenzulegen, wenn ein Preis personalisiert worden ist, was immerhin ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Bei Datingleben.de haben wir leider keine juristischen Kompetenzen im Team, weshalb Du mit unserer Interpretation der Gesetzgebung auskommen musst.
Uns scheint es aber nicht so, als würde Tinder sonderlich darauf aufmerksam machen, dass die angezeigten Preise personalisiert worden sind. Ebenfalls werden keine Informationen preisgegeben, welche personenbezogene Daten genutzt werden, um den Preis zu ermitteln.
Es bleibt also abzuwarten, ob Tinder diese neue Bestimmung umsetzt.
Wir können allerdings nicht ausschließen, dass Tinder anderen Ansprüchen und Richtlinien unterliegt, da die Dating-App Match Group angehört, das in den USA und nicht Deutschland und Europa ansässig ist.